Imdahl: Das kann man so sagen: Bei Meyer-Rogge dreht es sich um das Material unter dem Gesichtspunkt seiner Fähigkeit, Energien zum Ausdruck zu bringen. Das Material gewinnt die Funktion eines energetischen Vektors. Fehr: Ist das nicht eigentlich sehr menschlich: So wie Meyer-Rogge mit dem Material umzugehen, im Gegensatz zu Serras Art, der uns mit dem Material Angst machen will? Imdahl: Dazu würde ich erst einmal sagen, daß auch die Angst human ist zumal, wenn sie, wie bei Serra, Warnung ist. Zum zweiten schließt das Erhabene selbst Angst ein. Dabei ist Angst zu verstehen als dasjenige, durch das Befreiung aus den gewohnten Mechanismen möglich wird: Angst ist hier Bedingung für die Reflexion des Menschen auf sein eigenes Prinzipium und auf seine moralische Durchhaltekraft gegenüber der physischen Gefährdung. Wenn man das einmal - durchaus im Verständnis Schillers - für Serra in Anspruch nehmen wollte als Überwältigung des Beschauers zur Erhabenheit... Fehr: ... dann wäre, was Meyer-Rogge macht, das genaue Gegenteil dazu - wohl auch unter dem Gesichtspunkt, daß - wie Sie es einmal formuliert haben -, Plastik generell eine gewisse Verherrlichungs- und Aeternisierungsfunktion habe. Darin - so sagten Sie - sei zugleich ein Grund dafür zu erkennen, daß die demokratische Gesellschaft im Holland des 17. Jahrhunderts keine Plastik hervorgebracht habe. |
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